Daniel Patrick Welch - click to return to home page


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Wo sind all die Soldaten hin?

(9/05)

Synopse:

Selbst in Amerika?! Meckern die Politiker und die US Medien. Nur in Amerika! Antwortet Daniel Patrick Welch, mit einem Auge darauf, wie die Antwort auf Hurrikan Katrina die grobe Infrastruktur unter der mit Sorgfalt gewahrten Fassade der USA bloßlegt. Als Folge dieser von Menschenhand geschaffenen Katastrophe werden Klassen- und Rasseangelegenheiten nirgends krasser zur Schau gestellt. Die fast komplette Inkompetenz und Gleichgültigkeit der Bushregierung ist bis zur Spitze der stinkenden Flußwasser von New Orleans angestiegen wie so viel faulender Abfall; und keine noch so große Gib-den-Opfern-die-Schuld-Effekthascherei und Krieg-vorbei-an-den-Menschen-Retorik kann den Flaschengeist zurück in die Flasche stecken.

You know the year of 1900-that was 60 years ago/ 
(Weißt Du noch 1900 - das war vor 60 Jahren)
when death come howling on the ocean/ 
(als der Tod heulend über die See kam)
death calls, you gotta go 
(Todesschreie, du mußt gehen)

--Tom Rush, War das nicht ein gewaltiger Sturm

"Galveston hatte einen Uferdamm, nur um das Wasser niedrig zu halten. Aber die hohe Meeresflut verteilte das Wasser über der Stadt." Im schliimmsten Hurrikan in der US-Geschichte vor etwas mehr als 100 Jahren sind in Galveston, Texas, fast 6000 Menschen ertrunken - in einer menschlichen Tragödie, die 1960 in der trauervollen Ballade von Tom Rush verewigt wurde. Es war aber ein Ereignis, an das man sich nicht nur in der Folklore erinnert, sondern das für immer in Form von Gründungsurkunden der Städte im ganzen Land bewahrt wird. Es war, zu seiner Zeit, ein Weckruf für die Regierung und eben jene Idee, die Organisation von Menschenmassen könne in Krisenzeiten helfen. Die Regierung war nicht nur da, um die Drehscheibe des Fortschrittes zu schmieren, so dass die Raubritter fortfahren konnten, die Taschen aller zu leeren. Die Regierung könnte tatsächlich in der Lage sei, den Leuten zu helfen.
Ich schätze, irgend etwas ist schief gelaufen. 100 Jahre Fortschritt weiter und die Ballade klingt immer noch auf unheimliche Weise wahr.

The trains at the station were loaded (Die Züge am Bahnhof waren überfüllt)
Full of people leaving town (Voll mit Leuten, die die Stadt verließen)
The trestle gave way with the water (Das Gerüst wich mit dem Wasser)
The trains they went on down. (Die Züge, sie soffen ab.)

Stellt man diese Lyrik zusammen mit dem Bild tausender Gestrandeter, die nirgends hingehen konnten und keine Mittel hatten, dies zu tun. Sie warteten im Superdome auf Rettung, während um sie herum das Wasser anstieg. Einige der Alten und Schwachen starben aus Mangel an Lebensmitteln, Wasser, medizinischer Versorgung und Hygiene.

Death your hands are clammy (Tod, deine Hände sind klamm)
You got them on my knee (Du hast sie auf meinem Knie)
You come and you took my momm (Du kamst und hast mir meine Mutter genommen)
Won't you come back after me? (Kommst Du mich jetzt auch holen?)

Ich kann Tom Rush summen hören, als ich schreibe und der Kummer, den ich für Harvey Jackson fühle, als die Hand seiner Frau aus seiner entgleitet, wird nicht durch die Musik abgeschwächt. Wieso konnten solch ein riesiger Wohlstand und Gesellschaft nicht den Schlag einer solchen Tragödie durch die Erfahrungen aus mindestens einem Jahrhundert lindern? Für Harvey Jackson und seine Kinder hätte nichts geholfen und die letzte Bitte seiner Frau, "auf die Kinder aufzupassen", konnte nicht weniger verletzend sein.

Bundesbeamte sehen eine Menge der Erhitzungen als die Folgen der Katastophe an, und genau das sollten sie auch. Eine meiner frühesten persönlichen Erinnerungen an die Nationalgarde war im Schneesturm von 1978, als ein Posten am Ende unserer Straße aufgestellt wurde, um unnötigen Verkehr von den Straßen fern zu halten. Uns hat das nicht gekümmert - wir waren noch nichtmal auf der High School und mußten sowieso überhall hin laufen. Aber jetzt, als Nationalgardeeinheiten aufgerufen sind, für den Bush-Krieg im Irak zu kämpfen, wäre das selbe Szenario undenkbar. Seit zwei Jahren gehen Gerüchte über verärgerte Gouverneure um, die sich über die staatliche Vermessenheit empören, sich anzumaßen, über ihre Staatsgardeeinheiten zu regieren. Die Gouverneurin von Connecticut ging sogar wegen der Umgruppierung der Flugzeuge ihrer Luftnationalgarde vor Gericht. Zyniker und Kriegshetzer konnten sich nicht vorstellen, welchen Nutzen ein Gouverneur letzten Endes für solch schweres Gerät haben könnte. Warum sollen sie hier stehen und vor sich hin rosten, wenn sie doch in Baghdad solch gute Dienste tun könnten? 

Allerdings: Warum? Die Antwort wurde am frühen Sonntag morgen an Land geschwemmt und ebnete weite Küstenstreifen Alabamas, Mississippis und Lousianas ein. Als die folgenden Fluten "das Fass" New Orleans füllten, kamen die Geschichten der Bereitschaft zur Budgetkürzung ans Licht und solche ernster Warnungen über genau dieses Szenario vor 5 Jahren und über Gardisten, die nicht für die Rettungsoperationen zur Verfügung standen, weil sie für den Irak eingesetzt waren.

Fragt Robert Buras, Eigentümer des Lebensmittelgeschäfts in der Royal Street, der in der Times-Picayune zitiert wurde: "Ich muß das Zeug rationieren, wissen sie. Die gesamte Nationalgarde, die weiß, wie man gegen Hurrikans ankämpft, ist im Irak. Oh, Mann, sie haben mir die Kavallerie genommen!" Jetzt kommt Militär und Hilfsarmeen von überall in die unter Wasser stehende Stadt und das FBI hält eine gereizte und irgendwie defensive Pressekonferenz ab, um der erschöpften Öffentlichkeit zu versichern, dass sie alles nur Mögliche tun werden. Und nun, ein paar Tage zu spät um Leben zu retten - der Himmel weiß wieviel - gehen die Zyniker in Karl Rove's Damage Control Rolodex los, um bei der Mobilisierung für eine militärische Antwort zu helfen. Natürlich sagen sie vielleicht sogar die Wahrheit, seit so eine riesige Masse von dem, was sie tun können in die 250 Mio. schwere Zeitverschwendung der Verwaltung namens Irak geflossen ist.

Wäre es nicht so ärgerlich gewesen, diesen Rowdies dabei zuzusehen, wie sie die Kritik abwehren, dass das kriminelle Abschöpfen all der Milliarden an Ressourcen es vielleicht - und auch nur vielleicht - ein bisschen schwieriger machen würde, auf wirkliche Notfälle im eigenen Land zu reagieren, hätte es sogar lustig sein können. Michael Chertoff blickte aufrichtig in die Kamera und sagte den Leuten, dass "wir verstehen, was Sie durchmachen", wenn Sie auf einem Dach sitzen und auf Hilfe warten. Was für ein Ekel. Als ich vor Wut aus solcher kognitiver Dissonanz platze, muß ich zu dem TV-Sprecher auf dem Bildschirm sagen:"Wenn die in New Orleans auf einem Dach sitzen, werden Sie Dir mit Sicherheit nicht zusehen, Du Idiot!" platzte es aus mir heraus. Natürlich realisierte ich, dass es nur ein Trick war: Er sprach zu mir, zu uns allen - vorsichtig und sich bewußt, dass der öffentliche Ärger langsam aber sicher mit steigendem Wasserpegel, dem Abwasser und den Toten zunimmt. Es ist ein alter Trick anscheinend Mitgefühl für jene zu zeigen, die einen nicht hören können, um das Mitgefühl derer zu erlangen, die einen hören. All solche lächerlichen Anzeigen mit republikanischen Politikern die schwarze Menschen in den Arm nehmen...? Sie wissen, dass sie nicht die Spur einer Chance haben, Stimmen zu bekommen. Aber sie können Hausfrauen aus der Vorstadt dazu bringen, sich behaglicher zu fühlen, in ihre rassistische und klassistische Politik einzusteigen. Dann sind es die riesigen Beratungshonorare zumindest wert. Und nicht umsonst wird jeder gelegentliche Beobachter der Nachrichten aus der Golfküste feststellen, dass die Opfer nahezu alle farbig sind.

Unterdessen schwätzte der Folter-Cheerleader Alberto Gonzalez, auch bekannt als Justizminister, dumm darüber, wie betroffen er von betrügerischen Wohlfahrtsverbänden sei - nicht zu erwähnen von der ernsten Gefahr, dass die Leute Windeln und Lebensmittel stahlen. Ich wartete nur darauf, dass er sagte, dass jeder, der nach der Ausgangssperre auf der Straße erwischt würde, für 2 Tage mit einer Kapuze über dem Kopf und an den Genitalien verkabelt auf einer Kiste stehen müsse. Schnitt auf den Bürgermeister von San Antonio, der die Unterstützung durch seine Stadt anbot. Was für ein Schrott? Warum zur Hölle spricht der Bürgermeister von San Antonio im Fernsehen über die Heilsarmee und das Rote Kreuz? Ich meine, klar is es nett von ihm, zu helfen. Aber haben wir deshalb das größte Staatsbudget aller Zeiten, damit ruinierte Städte, dessen Wassersysteme, Straßen und Brücken buchstäblich unter dem Gewicht staatlicher Nachlässigkeit zerbröckeln, die Aufgabe übernehmen können, den Job der Regierung zu machen? Wenn es überhaupt irgendeinen Zweck für all das aufgedunsene Militärbudget zur Aufrechterhaltung solch einer riesigen Armee gibt, ist es dann nicht das hier? 

Natürlich ist es das. Das ist der Punkt der neokonservativen Agenda - perfekt nach Plan zu funktionieren. Durch das Verhungernlassen der Bestie, wie sie es nennen, können sie die nutzlose Regierung welken und sterben lassen. Natürlich wird die starke Heuchelei dieser Idee durch die gleichzeitige "Zwangsnährung" des Pentagon enthüllt, das wie die kranke Leber der Gänse, gezüchtet für Pastete, immer dicker wird. Dabei gibt es gar kein Problem: es ist superspitzenmäßig, wenn man die verschwenderische Bürokratie (das Pentagon ausgenommen) zerstören und die Taschen seiner Freunde gleichzeitig ausfüllen kann. "Abfall" bezieht sich nur auf solche Programme, die schon reichlich schlüpfrige Kampagnenmitarbeiter nicht reich macht - wie z.B. Programme, um den Menschen zu helfen.

Ein weiteres Lied kommt mir in den Sinn; eines das die staatliche Unnnachgiebigkeit in den Tagen vor Hoover beklagt.

President Coolidge come down in a railroad train 
(Präsident Coolidge kommt in einem Zug)
with a little fat man with note pad in his hand 
(mit einem kleinen dicken Mann mit Notizblock in der Hand)
President said little fat man isn't it a shame 
(der Präsident sagte: Kleiner dicker Mann, ist es nicht eine Schande)
what the river has done to this poor cracker's land. 
(was der Fluss diesem armen Land der Weißen angetan hat.)

Es sind sowieso meistens die armen Menschen, die bei Naturkatastrophen sterben. Aber der aktuelle kleine dicke Mann (ich kann nicht glauben, dass Karl Rove erst ein Baby war, als Randy Newman diese Zeile schrieb) weiß, dass der Präsident nicht so gleichgültig scheinen kann. Jedoch wirkt die Tat (und Budgets, und Prioritäten) mächtiger als das Wort. Hundert Jahre später hätten zwei Weltkriege und zahllose Tragödien mehr Lektionen lehren können, als die, die wir anscheinend gelernt haben. Ein Jahrhundert des Anfüllens von Feuchtgebeiten, während die Bauträger über "die Bäume umarmende" Umweltschützer gelacht haben. Wie viele Leben hätte das Polster solcher Feuchtgebiete - die Stoßdämpfer der Natur - diese Woche retten können. Stattdessen sind wir zu den Zeiten zurückgekehrt, als es die Rolle der Regierung war, den Transfer des Reichtums in die Hände der bereits kriminell Reichen zu erleichtern und sonst nicht so viel. Und der Refrain von Newman's Lied macht eine passende, wenn auch depremierende Koda für Tom Rush's Führung in:

Louisiana…Louisiana….They're trying to wash us away (Lousiana…Louisiana…Sie versuchen, uns fortzuspülen)
they're trying to wash us away…(Sie versuchen, uns fortzuspülen)

© 2005 Daniel Patrick Welch. Nachdruck gestattet mit Nennung des Autors und Link zu danielpwelch.com.
Ubersetzung von Ulrike

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Der Schriftsteller, Sänger, Linguist und Aktivist Daniel Patrick Welch lebt und schreigt in Salem, Massachusetts, USA, mit seiner Frau Julia Nambalirwa-Lugudde. Zusammen leiten sie The Greenhouse School.. Die Übersetzungen der Artikel sind in bis zu 20 Sprachen verfügbar. Einen Link zu der Webseite danielpwelch.com würden wir begrüßen.