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Loyale Opposition, Illoyaler Regent

(10/03)

Erinnert sich noch jemand and das Getue um "das Ende der Geschichte"? Viele von uns haben damals über diese Hybris gespottet, die schiere Arroganz zu glauben, wir wären die Größten. Natürlich sind jetzt auch die Anhänger eines solchen Triumphalismus wieder zurück in ihren Gräben und verkünden ihre eigene düstere und obszön ertragreiche Version des Ewigen Krieges. Es ist, als hätte der Kalte Krieg nie aufgehört - und auch noch gerade rechtzeitig für sie. Das gibt der Rechten die Gelegenheit, den abscheulichsten aller Anachronismen des Kalten Krieges wiederzubeleben, die Loyale Opposition. Jetzt kann die LO permanent zahnlos gemacht werden, dank der ständigen Bedrohung durch den Neuen Kalten Krieg (denkt daran, sie haben wirklich diese Worte benutzt). Manche haben sogar den vierten Weltkrieg versprochen.

Dieser Schwarze Mann wird von der Rechten für ausreichend gehalten, alle Arten von schweren Verbrechen und Fehlverhalten zu übertünchen. Sogar der ungeheure Verrat, absichtlich die Identität eines Geheimagenten zu enthüllen, muss außerhalb einer Überprüfung liegen. Aber wer verarscht hier eigentlich wen? Das ganze Konzept der Loyalität wird natürlich verdreht, wenn der Krieg selbst betrügerisch ist und wenn diejenigen, welche die Loyalität einfordern, selbst Verräter sind. Dieses ganze neue Spiel - natürlich weitestgehend von der unnötigerweise "loyalen" Opposition übersehen, stellt das Motiv, die Mittel und die Gelegenheit bereit, um die Rechte zurückzuschlagen wie niemals zuvor.

In der abschließenden Analyse muss Karl Rove womöglich seine Verteidigung bei Shaggy klauen: "It wasn't me" (ich war's nicht). Trotz der immer heftigeren Dementis aus dem Weißen Haus wird Rove von vielen als der Mann hinter der undichten Stelle angesehen, wenn auch nur, weil auch viele wissen, dass alle einschlägigen Informationen wie bei Carnac the Magnificent in einem hermetisch verschlossenen Mayonnaiseglas auf Karl Roves Veranda (womit wir immer noch das Weiße Haus meinen) aufbewahrt werden.

Wilson, dessen mutige Aufdeckung der Niger-Lüge zum Vergeltungsschlag in Form der illegalen Entlarvung seiner Frau als CIA-Agentin führte, sagte selbst, er würde nur zu gerne sehen, wie Rove " in Handschellen aus dem Weißen Haus geprügelt wird". Keine Ahnung, wie das gehen soll, aber es klingt sehr aufregend. Schließlich ist es Hochverrat und mag zur "Liquidierung" Dutzender CIA "Aktiva" in Übersee geführt haben (und immer noch führen). Was würde der rechte Flügel davon halten, wenn ihr Regent aus der Hölle - ihr eigener kleiner Frankenstein - das Schicksal derer teilt, die sie verdammen? Hochverrat… hmmm, klingt nach einem Job für unsere alte Freundin, die Todesspritze. Da ist etwas ungeheuer verführerisches an der Rachefantasie, eine Nadel in die einkalten Adern von Rove zu stecken. Man könnte glauben, das ginge mit einem Mann wie Rove gar nicht. Die Nadel würde gefrieren oder so. Aber die spritzwütige Texas-Mafia muss doch mehr als jeder andere Erfahrung damit haben, die kältesten Herzen noch abzuschrecken. Was für ein Glück.

Aber was, wenn das Glück anklopft und keiner geht an die Tür? Es gibt keinen Grund mehr, hinter der Fassade einer aufgeweichten Verteidigung festzusitzen, seit sie aus Kleenex und Spucke besteht. Die Rechte bellt immer denselben Baum an. Der Vetter meiner Frau, der die sonderbarste aller Nischen, die der schwarzen Republikaner, ausfüllt, kreischt immerzu: Aber was ist mit 9/11? Ah, ja … was ist denn nun genau damit? Den Rest dieses müden Austauschs kann man in anderen Worten in Al Frankens neuem Buch nachlesen, im eine Seite langen Kapitel "Unser nationaler Dialog über den Terrorismus". Ohne auch nur auf die wohl durchdachten Argumente den US Imperialismus, Staatsterror etc. betreffend zurückzugreifen, beinhaltet die durchschnittliche Expertenmeinung bezüglich der Bekämpfung des "Terrors" - das heißt Massenmord durch nicht-staatliche Gruppen - die Polizei, nicht Invasion und Eroberung. Wenn man eine Fliege mit einem Panzer jagt, passieren zwei Dinge: man sprengt vermutlich ziemlich viel in die Luft und verfehlt dabei auch noch die Fliege.

Wenn der Kampf gegen den Terror unbedingt das Mantra sein muss, dann ist der Kontrapunkt offensichtlich: Die Rechte ist nicht nur gefährlich inkompetent in ihrem eigenen Spiel; ihre rachsüchtige, im Übermaß politisierte und kleingeistige Ausübung der Macht beweist ein für alle Mal, dass sie sich in Wahrheit einen Teufel um die Sicherheit des amerikanischen Volkes schert, das ja angeblich nur sie so rechtschaffen beschützen kann. Das ist ihr Pik-Ass und OutingGate zeigt, dass Ihre Trumpfkarte kein Träumerkleid a la Joseph hat...oder so ähnlich. 
Ja, die Demokraten fangen an, Roves Kopf zu fordern, und das dürfen sie auch. Aber mutigere ehemalige Verteidiger des Abendlandes waren schneller. Was wird das, Sieben Tage im Mai?? Braucht es wirklich die Hallen der Macht vom CIA bis hin zu den Elitesoldaten der israelischen Luftwaffe, um uns zu sagen, dass die Welt verrückt geworden ist? Wo ist die Stimme der Linken in der Demokratischen Partei?

Ich habe folgendes von einer Übersetzerin gehört, die Arbeit abgelehnt hat, und sie hätte genauso gut für die Mehrheit der Demokraten sprechen können: "Eigentlich bin ich nicht zu 100% gegen den Krieg, aber es gibt ein paar Dinge daran, die ich nicht mag." Klingt nach demselben moralischen Nebel, der die Sicht der demokratischen Kandidaten trübt. Hey, was gibt es da nicht zu mögen? Etwa das abgereicherte Uran, das die Kinder der Region auf Jahrzehnte vergiften wird? Die Zehntausenden Toten und Verstümmelten? Es sind doch nicht etwa die Kriegsverbrechen, oder? Bitte, sag mir, dass es nicht die Kriegsverbrechen sind. Die vielen Milliarden an Reparationen? Es ist doch so, dass es genügend "embedded disasters" (sagt bitte Fox, ich habe die Rechte daran), sprich eingebundene Katastrophen gibt, um alles außer einem vollständigen Rückzug in Kombination mit Reparationen und einer Außenpolitik, die ohne mit der Wimper zu zucken diesen schlimmen Fehler eingesteht - zum Scheitern verurteilt erscheinen zu lassen.

Die schreckliche Realität ist jedoch, dass die Demokraten anscheinend unzureichende Ehrfurcht vor dem Schrecken haben, das Debakel im Irak zu erben und damit den dazugehörigen Schlamassel in der ganzen Welt. Wenn es nicht um die katastrophalen Auswirkungen eines andauernden unerbittlichen Angriffs auf die Armen der Welt ginge - wobei wir mal naiv und ohne irgendeinen Beweis annehmen, dass eine Alternative zu Bush diesen Angriff tatsächlich stoppen würde - könnte man sogar argumentieren, dass es vorzuziehen sei, die nächsten vier Jahre zuzusehen, wie diese Bastarde in ihrem eigenen Sumpf versinken und sie dann, gerade noch rechtzeitig bevor sie völlig untergehen, herauszuziehen um sicherzustellen, dass sie die darauf folgende Anklage, den Prozess, die Gefängnisstrafe etc. überleben.

Die GOP ("Grand Old Party", die Republikaner) hat schon einen neuen Schwindel am Laufen, und die Demokraten sollten sich nicht wieder so einfach einwickeln lassen wie bei den Schwindeln der Vergangenheit. Wie besänftigt auch Schröder und Chirac im Fernsehen wirken, man sollte die kühle staatliche Wiederannäherung an der Oberfläche nicht mit einer Verringerung des Zorns der Welt verwechseln. Schließlich sind Berufspolitiker nicht diejenigen, die Anklage wegen Kriegsverbrechen erheben oder gar weitere Massenmorde im Namen von staatenlosen Organisationen begehen.

Vom Inneren der amerikanischen Blase aus gesehen erscheint die Position "vernünftig", dass das Herumpfuschen mit der Besetzung des Irak eine gute Vorgehensweise ist. Aber wir haben nicht 1968. Es ist wie Richard Nixon, nur umgedreht. Es gibt keinen George Wallace und die Opposition hat voll und ganz die Kontrolle über die Katastrophe, die dieser Krieg darstellt. Es gibt überhaupt keinen Grund, dieses wirre Denken mit dem Gehorsam aus dem alten Kalten Krieg zu würdigen.

Das Argument des Sicherns war schon immer ein Schwindel, ein Überbleibsel des Kalten Krieges, durch das sich die "Linke" nur zu bereitwillig einschüchtern ließ. Ein paar meiner bisherigen Lieblingszeilen in dieser Kampagne stammen von Dennis Kucinichs tapferen beständigen Versuchen, die Lüge hinter Bushs Scheinfixierung auf Massenvernichtungswaffen aufzudecken: "Herr Präsident, ich bin in den Innenstädten Amerikas aufgewachsen, und ich habe hier in der Heimat echte Massenvernichtungswaffen gefunden... Armut ist eine Massenvernichtungswaffe. Arbeitslosigkeit ist eine Massenvernichtungswaffe. Mangelnde medizinische Versorgung ist eine Massenvernichtungswaffe. Schlechte Ausbildung ist eine Massenvernichtungswaffe." Volltreffer. Laut einer Studie des "Centre for Budget and Policy Priorities" (Zentrum für Prioritäten des Budget und der Politik) ist die Kluft zwischen Arm und Reich in Amerika die größte der letzten 70 Jahre. Aber schließlich war das Motiv noch nie ein echtes Problem.

Der ehemalige republikanische Meinungsforscher Kevin Phillips sprach von "Kompression", der notwendigen Verkleinerung dieser Kluft, wenn sie zu groß wird, wie es in den 30ern geschah. Es wird unausweichlich auf die eine oder andere Weise passieren, und es ist erbärmlich, dass wir uns für das Aufzeigen weiterhin auf abtrünnige Republikaner verlassen. "Jeffords rettet die Partei" ist keine besonders schmeichelhafte Überschrift für eine "Opposition" mit Selbstachtung. Laut James C. Moore, dem Co-Autor von "Bush's Brain", floh John Weaver, ein ehemaliger Berater der GOP in Texas, zu den Demokraten, nachdem er vom hyperrachsüchtigen Rove aus Staat und Partei gehetzt worden war. Wollen wir das wirklich sein: die Partei von Roves Opfern?

Man könnte es für besser halten, keinen bestimmten Kandidaten bei diesen Argumenten zu nennen, und ich hatte zunächst auch die feste Absicht, es zu lassen. Aber dann stieß ich auf diese Motiv-Gelegenheit-Mitttel-Sache. Außerdem ist es ermüdend, einen Eiertanz darum zu veranstalten: Kucinich ist der Stachel im Fleisch. Das Mittel. Sogar Anhänger anderer Kandidaten müssen oft zustimmen, dass seine Position in Bezug auf so gut wie alles die beste ist, und dennoch wird er fast vollständig ignoriert, denn "er kann gar nicht gewinnen". Die meisten dieser Analysen würden einer genauen Untersuchung in einem anständigen Forum natürlich nicht standhalten, aber die beste Voraussage kommt wahrscheinlich von Eliza Doolittle: Warts nur ab. Anders als die anderen "nicht machbaren" Kandidaten baut Kucinich eine Organisation auf, die absolut nationale Ausmaße hat, von einem wahrlich erstaunlichen Zufluss von Freiwilligenarbeit unterstützt wird und damit womöglich die Geldmaschinerie von Kerry und Dean gar nicht nötig hat, um sich zu erhalten.

Die Schlieren ideologischer Reinheit sollten die echte Tugend moralischer Klarheit nicht beschmutzen dürfen. In einem angespannten Moment im Film Luther erreichte Joe Fiennes schneidiges Porträt einen Höhepunkt in seinem Moment der Wahrheit: während seine Anhänger zusahen und sich offen Sorgen machten, ob der junge Mönch "das Richtige sagen" würde, war Luther schließlich gezwungen zu sagen, ob er wiederrufe. Sein festes "ich kann nicht" ist eher eine Offenbarung moralischer Wahrheit als eine Trotzhandlung, und seine Anhänger jubelten. Die Spannung wird dadurch aufgelöst, dass er "das Richtige" sagt - nicht, wie diejenigen, die um sein Leben fürchteten, vernünftigerweise gehofft haben mögen, um seine Haut zu retten, sondern weil sein Gewissen ihm keine Wahl lässt.

Diese moralische Klarheit ist ein Leuchtfeuer, was ein mit dem Strom Schwimmen um Ärger zu vermeiden nie sein könnte. Demokraten müssen sich daran erinnern, dass sie mit Slogans, Verdunklungsaktionen und Ausweichmanövern keine weitere Wahl gewinnen können. Programme, Grundsätze und Positionen - klar und eindeutig - welche die wachsenden Wahlkreise bewegen, die sie begeistern müssen, stellen das siegreiche Team dar, um die Rechte zu schlagen - nicht Schlagwörter und gestaltlose "Wut". Falls die Demokraten gewinnen, und viel wichtiger, falls dieser Sieg Bedeutung haben und ein Vorzeichen für weitere Wahlen sein soll, dann nicht, weil sie sich verbiegen, um "einen Gewinner" auszusuchen, sondern weil sie denjenigen aussuchen, der das Richtige tut.

© 2003 Daniel Patrick Welch. Nachdruck gestattet mit Nennung des Autors und Link zu danielpwelch.com. 
Ubersetzung von Chris Hoffman

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Autor, Sänger, Linguist und Aktivist Daniel Patrick Welch lebt und arbeitet in Salem, Massachusetts, mit seiner Frau, Julia Nambalirwa-Lugudde. Zusammen leiten sie The Greenhouse School.